Donnerstag, 14. Mai 2009

Kleine Nachdenklichkeiten

Ich lese den letzten Blog Eintrag von Mareike, einer Freiwilligen, die wieder Zuhause ist,und das stimmt mich nachdenklich.
Ich lese meinen ersten Blogeintrag aus Griechenland und auch das stimmt mich nachdenklich.
War das nicht alles erst vor zwei Tagen?

Mir geht es so gut hier.
Ich habe mich selbst kennengelernt. Ich habe gelernt zu kochen. Ich spreche Englisch und etwas griechisch. Ich habe gelernt mit Behinderten zu arbeiten und ich liebe sie. Jeden Morgen werde ich mit einem freudigen "Kalimera" begrüßt und komme ich ins Büro, könnte ich meine "Arbeitskollegen" allesamt knuddeln. Reden wir darüber, wann ich gehe, steigen ihnen Tränen in die Augen und sie fragen mich, warum ich nicht einfach noch ein Jahr bleibe. Auch die Behinderten werden schon jetzt immer wieder damit konfrontiert, dass ich gehe. Zur Verarbeitung. Da ist der kleine Dimitris, der mich fragt, warum ich zurück möchte. Ich hab doch alles hier. Da ist der große Dimitris, der sagt, dass sie mich nie vergessen würden. Da ist Fanouria, die mich entrüstet anschaut und mir stolz ihre roten Haare zeigt, mit denen ich so gerne herumspiele.
Da ist Natasha, die im Daily Care arbeitet. Sie schafft es mich zum Lachen zu bringen. Mich dazu zu bringen, mich wohlzufühlen. Sie nimmt mich in den Arm und zeigt mir, dass sie mich gern hat, auch damit, dass ich schon jetzt eine Einladung zu ihrer Hochzeit habe.
Aspasia, meine Chefin, fragt einfach nur "Why?" wenn es darum geht, dass ich gehe. Sie ist es, bei der ich mich egal in welcher Situation verstanden fühle. Mit ihr kann ich über alles reden, sie muss mich nur anschauen und sie weiß, wann ich lüge und auf die Frage "Ti kaneis?" (Wie gehts?) mit "Kala" (gut) antworte obwohl es nun mal nicht so ist. Sie ist es die dann sagt " I want to know, how you really feel. Take a coffee and sit down if you want." Sie ist es, die über mein ganzes Leben Bescheid weiß.
Da ist Ana, eine andere Mitarbeiterin, die erst angefangen hat und die mir schon total nahe ist. Sie ist es, mit der ich über Gott und die Welt reden kann und die ich vorallem wegen ihrer offenen Art vermissen werde.
Ein Leben ohne all die Leute...acuh wenn ich "nur" mit ihnen arbeite...Es tut weh loszulassen. Ich scheue mich davor Urlaub zu nehmen, weil ich einfach jeden Tag genießen möchte.
Die neuen Freiwilligen in diesem Umfeld zu sehen ist komisch. Ich habe das Gefühl sie gehören da nicht hin. Ich bin es, die hierhin gehört.

Ich sitze auf dem Dach und mein Blick schwenkt zum Lykavitos. Bald werde ich diese Stadt, mein Leben hier hinter mir lassen.
Heute kommt Mareike und nächste Woche die liebe Familie. Danach habe ich noch 6 Wochen.
6 Wochen Zeit, Abschied von meinem Alltag hier zu nehmen. 6 Wochen noch all das zu tun, was ich noch tun wollte. 6 Wochen in denen ich meine Pläne für die Zukunft festigen muss. Zu wenig.
Wie sehr es doch weh getan hat zu gehn, desto mehr tut es weh wieder zu kommen. Denn das war eben mein EVS, nicht mein wirkliches Leben, in das ich einfach so wieder zurückkommen kann.
Vielleicht denke ich zuviel nach, aber es sind eben diese kleinen Momente, die mich nachdenklich stimmen.
Ich vermisse euch Zuhause und freue mich, denn Zuhause ist eben anders als hier Zuhause zu sein. Ich werde mit zwei lachenden Augen zurückkommen, aber das eine wird halt auch etwas weinen.

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